Was bisher geschah - Zusammenfassung der Ereignisse von
Neronia I:
Flucht vor der Dunkelheit
Geschätzter Valerian II., König von Kala-Thor
Wie von Eurem Neffen und Berater Benignius, der von mir sehr verehrt wird,
gefordert, hier mein Bericht über die Umstände, die mich und mein Volk
letztendlich in die Obhut Eures glorreichen Königreichs geführt haben.
Wie Ihr sicherlich wißt, wütete die Dunkle Armee unvergleichlich in
unserem einstmals so blühenden Königtum Syntalea. Viel zu schnell fiel Ihr
eine Stadt nach der anderen in die Hände, so daß unserem unvorbereitetem
Volk nur noch die Flucht nach Norden übrig blieb. Das Chaos war
unvorstellbar und mir fehlen an dieser Stelle die Worte, um diese Tragödie
in nüchternen Begriffen zu beschreiben. Nein, meine Hand zittert, und das
Papier weigert sich, die Greuel aufzunehmen, die ich sehen mußte.
Viele Flüchtlingstrecks jedenfalls flohen in ihr Verderben und wurden
aufgerieben, über den Verbleib einiger anderer ist mir nichts bekannt. Und
ja, auch das Schicksal des Königs ist ungewiß. Er stellte sich mit seinem
Heer mehrmals den Angreifern, doch konnte er nie eine Schlacht gewinnen.
Zuletzt hörte ich von ihm, daß er eine Schlacht bei Grongen schlug.
Seitdem habe ich keine Nachricht mehr gehört. Ich befürchte das
schlimmste...
Bisher ist es neben einigen kleineren Gruppen lediglich einem
Flüchtlingstreck unter meiner Führung gelungen, in Euer Land zu entkommen.
Zwar ist es möglich, daß andere Vertriebene noch auf dem selben Weg ihr
Heil suchen, doch erscheint mir das unwahrscheinlich, da die Dunkle Armee
uns doch sehr dicht auf den Fersen war, wie Ihr aus meinem Bericht noch
entnehmen könnt.
Wir nahmen notgedrungen den Weg durch die verruchte Region Byzinia, ohne
zu wissen, was uns dort wohl erwarten würde. Eine Vorhut von Freiwilligen
eilte deshalb zusammen mit mir dem Treck etwa zwei Tage voraus, um die
sicherste Route durch die ausgedehnten und berüchtigten Wälder zu suchen.
Ihr könnt Euch sicher unser Entsetzen vorstellen, als wir bald auf einen
verwundeten Überlebenden einer Gruppe von Versprengten stießen und dieser
uns berichtete, daß tief im Wald eine magische Barriere den Weg nach
Kala-Thor blockierte. Zusätzlich trafen wir bei unseren ersten Streifzügen
auch noch auf Horden von Untoten, die den Wald unsicher machten und
unseren Kämpfern arg zusetzten.
Der erste Hoffnungsschimmer bot sich uns allerdings, als ein Bote eines
ansässigen Magiers auftauchte und verkündete, daß uns dieser ein Angebot
zu unterbreiten hätte.
Der Magier, dessen Name Nostran war, hatte von unserer Notlage gehört und
wollte uns helfen: Er sagte, er wüßte, wie man die Barriere beseitigen
könnte: man bräuchte dazu ein magisches Schwert und die dazugehörige
Scheide, wobei er letztere bereits besaß. Das Schwert, so fanden wir
schnell heraus, befand sich in einem Bannkreis, den man nicht betreten
konnte und der von einigen Waldgeistern bewohnt wurde; allerdings drang
von ihnen kein Laut nach außen.
Ich will Euch nicht mit den Einzelheiten langweilen, wie es uns
schließlich gelang, den Bannkreis zu brechen. Laßt mich hierzu nur
erwähnen, daß ein altes Lied aus Byzinias besseren Tagen vier Gegenstände
beschrieb, die ”die Stille brechen” sollten. ”Das Lied, das nur der Wind
kennt” war sein Name.
Doch bevor uns die Beschaffung der Gegenstände und das Öffnen des Kreises
gelang, wurden wir durch ein feiges Attentat zurückgeworfen: ein Assassine
der Dunklen Armee hatte sich unter unsere Leute gemischt und ihm gelang
es, mich zu vergiften! Ich habe nicht viel davon mitbekommen, was danach
geschah, aber wie man mir erzählt hat, gelang es, den Attentäter zu fassen
und gefangen zu nehmen. Offensichtlich hatte er jedoch kein Gegenmittel
bei sich und in einem unbeachteten Augenblick gelang es ihm, sich selbst
zu töten.
Nun, ich lebe natürlich noch: das habe ich letztendlich einem launischen
Kobold zu verdanken, der in uralten Gemäuern tief unter einer Schenke
haust. Nachdem er meine Leute genügend zum Narren gehalten und seine etwas
exzentrischen Forderungen erfüllt worden waren, war er bereit, ein
Gegenmittel herzugeben, welches glücklicherweise und gerade noch
rechtzeitig meine Genesung einleitete.
Mein Bericht soll nicht zu lang werden, Eure Majestät, ich überspringe
deshalb einige interessante Details: das Treiben einer erpresserischen
Räuberbande, und was es mit dem verwunschenen Friedhof auf sich hatte; es
gelang uns schließlich, den Bannkreis zu brechen.
Allerdings erzählten die Waldgeister uns, daß der Magier Nostran mit
dunklen Mächten im Bund sei und die Untoten sein Werk seien. Die Geister
hatten den Kreis als Schutz vor ihm errichtet, und um zu verhindern, daß
er in Besitz des mächtigen magischen Schwertes kommt.
Der Rest der Geschichte ist schnell erzählt: Wir besiegten den
lasterhaften Zauberer und seine Untertanen in seinem Unterschlupf und
vollendeten das Ritual an der Barriere selbst. Was uns nur zu denken gab,
war, daß sich bei seinen Untertanen auch drei Soldaten der Dunklen Armee
befanden. Nun werdet Ihr sicherlich verstehen, warum ich nicht glaube, daß
noch weitere Flüchtlinge den Weg, den wir geschaffen haben, nutzen können:
die Dunkle Armee weiß sicherlich schon Bescheid, und ihre Truppen waren
wohl dicht hinter uns.
Nachdem die Barriere zerstört war, war der Weg frei; der Flüchtlingstreck
traf wenige Stunden später ein und kam so wohlbehalten über die Grenze zu
Kala Thor, Eurem Königreich. Ich hoffe, daß unsere Völker in dieser
Notlage zusammen halten werden, und diese grausame Bedrohung gemeinsam
abwenden werden.
gez. Graf Kildran
Vertrauliches Addendum von Benignius, Berater des Königs.
Mein König!
Soweit ich die Sache überblicken kann, ist der Bericht dieses Kildran
größtenteils korrekt, obwohl ich glaube, daß er ein klein wenig zur
Übertreibung, vor allem, was seine eigenen Leistungen anbelangt, neigt. In
der Frage, was nun mit den Flüchtlingen aus Syntalea geschehen soll, will
ich Euch nicht vorgreifen, jedoch denke ich, daß sie uns vielleicht ganz
nützlich sein werden. Ihre Erfahrungen mit der Dunklen Armee können
durchaus wertvoll für unsere Verteidigungsmaßnahmen sein. Was diesen
Kildran angeht, bin ich skeptisch, ob er zu etwas zu gebrauchen ist. Ich
habe mich bereits mit ihm unterhalten: Er ist geschwätzig und arrogant.
Leider scheint er aber der höchste Adlige zu sein, der es bisher zu uns
herüber geschafft hat.
gez. Benignius von Rovenburg